Gemeinsam mit dem Team vom Netzwerk Hochsensibilität entstand dieses interessante Interview über die möglichen Verbindungen und Zusammenhänge von Trauma und Hochsensibiliät und wie man Traumatherapie speziell für Hochsensible, Sensitive und Empathische Menschen gestalten kann.
HSP/ Netzwerk Hochsensibilität:
Liebe Anne, was ist ein Trauma und wie entsteht es?
Anne Weiß:
Die Auslöser für ein Trauma können ganz unterschiedlich sein. Zusammenfassend entsteht ein psychisches Trauma vor allem als eine Reaktion auf eine Extremsituation, auf die ein Mensch nicht angemessen vorbereitet war, die alle seine bisherigen erlernten Bewältigungsmechanismen komplett aushebelt und überfordert und zugleich unser gesamtes System automatisch in einen ‚Not-Modus‘ schaltet, dass in erster Hinsicht dem Über-Leben dient. Nachdem die üblichen Überlebensstrategien Flucht oder Kampf nicht mehr funktionieren, ist die einzige Möglichkeit die ‚Flucht nach Innen‘, um das Erlebte auszublenden, abzukapseln und sich so vor weiterem Schmerz und Ohnmacht zu schützen.
Neben Unfällen, Naturkatastrophen, sowie seelischem oder körperlichem Missbrauch, kann z.B. ebenso eine Operation oder langer Klinikaufenthalt, Mobbing, Umzug, die Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung, die Kündigung des Arbeitsplatzes sowie der plötzliche Verlust oder Tod einer nahestehenden Person oder Tieres, ein schwerwiegendes Trauma auslösen. Und mitunter reicht es auch, nur als hilfloser und handlungsunfähiger Augenzeuge dabei gewesen zu sein oder auch ein Trauma schlichtweg ‚vererbt‘ bekommen zu haben.
Fördert ein seelisches Trauma die Hochsensibilität bzw. bedingt es diese Veranlagung/ Gabe vielleicht sogar maßgeblich?
Auch wenn die individuelle emotionale Bewertung einer Situation letztendlich bei jedem Menschen unterschiedlich ist, befindet sich der Betroffene nach einem intensiven, tiefgehenden und prägenden Erlebnis permanent in einem sehr hohen Stresslevel, wenngleich dieses von außen oft nicht sichtbar sein muss. Hochsensible Menschen, die alles noch weitaus intensiver und umfassender wahrnehmen, geraten mitunter noch mehr in Stress, da sie stetig versuchen einen tieferen Sinn zu finden, um das Geschehen in einem größeren Kontext einordnen zu können. Aus meiner Erfahrung wird Hochsensibilität bzw. die intensivere und umfassendere Wahrnehmung auf allen Ebenen, jedoch nicht ursächlich durch ein Trauma ausgelöst, sondern höchstens verstärkt.
Sind hochsensible bzw. hochsensitive Menschen mehr oder intensiver von diesem Thema betroffen?
Jein, intensiver betroffen in den meisten Fällen vor allem durch die viel umfassendere und intensivere Informationsverarbeitung. Ich habe jedoch viele hochsensible Klienten erlebt, welche die von außen betrachteten hochdramatischen überlebt haben und die Ihnen maßgeblich geholfen hat, nicht daran zu verzweifeln.
Welche Folgen und Auswirkungen kann ein Trauma bewirken?
Die möglichen Folgen können sehr unterschiedlich sein und sind sehr vom Einzelnen, seinen bisherigen Erfahrungen und seiner psychischen Widerstandskraft (Resilienz) abhängig. Die moderne Hirnforschung hat gezeigt, dass unbewältigbare Belastungen auch zu Veränderungen, Destabilisierungen und Auflösung bisheriger stabiler neuronaler Verschaltungen in unserem Gehirn führen können und somit auch zu grundsätzlichen Veränderungen des Denkens, Fühlens und Handelns, die uns nachhaltig daran hindern, stabil und Selbst- Bestimmt im Leben zu stehen.
Oft kommt jedoch zu den blockierten und eingefrorenen Ressourcen, verbunden mit Schock und Ohnmacht, noch der Verlust von Seelenanteilen hinzu. Das sind zum einen Anteile, die sich abspalten und wie ein kleines Kind bzw. Seelenkind in den ‚Kindergarten des Unterbewusstseins‘ in Sicherheit gebracht wurden und zugleich auch Seelenaspekte wie Freude, Vertrauen, Sicherheit, Leichtigkeit, etc.
Dieses führt dann oft zur Dissoziation des traumatisierten Klienten. Zugleich wird das ‚energetische Leck‘ mit fremden Anteilen besetzt und somit leben traumatisierte Menschen oft nicht nur mit angezogener Handbremse, sondern auch schlichtweg, ohne es zu merken, nicht mehr selbstbestimmt ihr eigenes Leben.
Das erlebte Trauma wird zwar vom Bewusstsein zu unserem Schutz abgespalten, auf neuronaler Ebene und in unserem gesamten Zellgedächtnis ist es jedoch weiterhin in uns verankert, kann auf diese Weise nicht wieder ‚entladen‘ werden und bewirkt eine Erstarrung, die von den Betroffenen oft als ‚geistige Lähmung‘ und dem Eindruck ’nicht mehr vollständig mit dem Leben verbunden zu sein‘ empfunden wird.
Diese tiefgehenden und prägenden Ereignisse und damit verbunden auch die ins Unterbewusstsein verschobenen Seelenanteile/ Seelenaspekte möchten jedoch geheilt werden und sind auch auf der unterbewussten Ebene noch aktiv, von wo aus sie auch nach vielen Jahren immer wieder durch plötzlich auftretende Flashbacks, Schuldgefühle, Suchtverhalten oder unangemessene Ängste und Panikanfälle auftauchen können, ohne dass auf den ersten Blick ein kausaler Zusammenhang hergestellt werden kann.
Es ist möglich, dass die Symptome nach einem einmaligen traumatischen Erlebnis (Schocktrauma) innerhalb einiger Zeit wieder von allein abklingen, sobald wir wieder in Sicherheit sind und das Leben gut weitergeht. Wenn es jedoch keine Möglichkeit gibt, das Erlebte adäquat zu verarbeiten oder die traumatische Situation über längere Zeit bestand (Entwicklungstrauma), kann es zur Ausbildung intensiver psychischer Symptome kommen wie z.B. die PTBS = Pposttraumatische Belastungsstörung, (unangemessene) Wut und Agressionen, Selbstzweifel, depressive Verstimmungen, selbstverletzendes Verhalten/ Todesnähe,Sucht- und Abhängigkeitssyndrome, Schlafstörungen/ Alpträume/ Flashbacks oder verschiedener weitreichender psychosomatischer Symptome.
Wie kann man ein Trauma auflösen?
Je früher nach dem traumatischen Erlebnis fachliche Hilfe und Begleitung in Anspruch genommen wird und damit auch die ‚energetischen Abdrücke‘ des Schocks im Körperzellgedächtnis entladen werden, desto kürzer dauert in der Regel die traumatische Phase. Wichtig ist eine geordnete Verarbeitung des Traumas sowie die Auflösung bzw. Reduzierung der traumatypischen Symptome. Neue Wege in der Traumatherapie verbinden dabei körperorientierte Ansätze mit Methoden der transpersonellen Psychologie und Energie- und Informationsmedizin. So werden auf sanfte Weise die alten neuronalen Verbindungen schrittweise entkoppelt, die Energieblockaden aufgetaut, kontrolliert entladen und eine Neu-Strukturierung der neuronalen Vernetzungen, Rückverbindung mit den verlorenen Seelenanteilen sowie eine Abkopplung der im gesamten Zellgedächtnis gespeicherten emotionalen Verbindungen zu den traumatischen Erinnerungen ermöglicht, ohne nochmals in alte und schmerzliche Geschichten hinein zu gehen.
Brauchen HSP eine andere/ besondere Therapie bzw. therapeutische Begleitung?
Hochsensible Menschen haben oftmals in ihrem Leben bereits verschiedene Aspekte von Grenzüberschreitungen, Vertrauensbrüchen und Machtmissbrauch erlebt. Daher profitieren vor allem diese Klienten sehr von einer ‚Therapie auf Augenhöhe‘. Verbunden mit einem hohen Maß an Achtung und Wertschätzung Ihrer Person und mit einer vertrauensvollen Beziehung zum Therapeuten steht der hochsensible Klient in seiner Einzigartigkeit im Mittelpunkt und definiert zugleich durch seine persönlichen Bedürfnisse die individuelle Vorgehensweise in der therapeutischen Sitzung.
Was ist speziell unter ‚Sanfter Traumatherapie für Hochsensible‘ zu verstehen?
Die Methode der „Sanften Traumatherapie“, die ich im Laufe der Jahre in meiner Praxis entwickelt habe, verbindet verschiedene Formen der modernen Traumatherapie mit neuen Erkenntnissen aus Gehirnforschung und Neurowissenschaften, Kunsttherapie, Körperpsychotherapie sowie Energie- und Informationsmedizin aus der traditionellen schamanischen Heilkunde. Da hochsensible Menschen mit den inneren Welten/ inneren Bildern meist gut vertraut sind, bekommen sie mit Hilfe von transpersonal imaginativen Verfahren, wie z.B. schamanischen Seelenreisen in Verbindung mit Tiefenfeldentspannung/ Heilhypnose rasch einen Zugang zu tiefer liegenden Schichten ihres Unterbewusstseins zur Rückholung der verlorenen Seelenanteile und Auflösung von antrainierten/ konditionierten Schutzmechanismen und Selbst- Sabotageprogrammen. Mit Hilfe von Körperkerzen und anderen Heil- und Reinigungsritualen z.B. können die im Körper abgespeicherten energetischen Abdrücke kontrolliert entladen und entfernt werden und zugleich eine neue energetische Signatur für ein selbstbestimmtes Leben im Hier und Jetzt voller Freude und Leichtigkeit erschaffen werden.
Das Interview mit dem Team vom Netzwerk Hochsensibilität erschien 09/ 2018 (https://www.hochsensibilitaet-netzwerk.com)